
Wozu braucht man eigentlich einen professionellen Produktfotografen?
Für ein Hamburger Unternehmen habe ich in letzter Zeit sehr viele Produkte fotografiert.
Es handelte sich um Verpackungen aus Glas und Kunststoff: Flaschen, Dosen, Verschlüsse, Pumpen, Gewürzmühlen usw.; mit knalligen Farben, farblos, transparent, semitransparent usw.
Warum benötigt man dafür eigentlich einen professionellen Produktfotografen?
Wäre es nicht schneller und preiswerter, die Aufnahmen in Eigenregie in der Firma anzufertigen?
In diesem Blogbeitrag werde ich erläutern, mit welchen Herausforderungen die zu fotografierenden Verpackungen aufwarteten, die in ihrer Gesamtheit ohne professionelle Kenntnisse nicht hätten gelöst werden können.
Die Firmenwebseite ist die entscheidende Visitenkarte eines Unternehmens.
Viele meiner Auftraggeber nutzen die aktuell positiven wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, um bestehende Webseiten durch neue, zeitgemäße Designs und aktuelle Inhalte zu ersetzen.
Dadurch frischen sie ihre Außenwirkung auf und verbessern ihre zukünftigen Perspektiven.
In diesem Zusamenhang wird auch so mancher online-Shop neu ins Leben gerufen, um die eigenen Produkte im Internet zum Kauf anbieten zu können.
Spätestens an diesem Punkt komme ich als professioneller Produktfotograf ins Spiel.
Produktfotos in einem online-Shop sollten auch bei sehr kleinem Abbildungsformat klar erkennbar und hochwertig erscheinen.
Ein simpler „Freisteller“ des Produkts auf rein weißem Hintergrund ohne Schatten, Spiegelungen und sonstige Nuancen wirkt langweilig zweidimensional. Das Gesamterscheinungsbild eines solchen Fotos und auch des dargestellten Produkts wäre schlicht und im wahrsten Sinne des Wortes „billig“.
Das Internet enthält unzählige Fotos, darunter auch sehr viele ansprechende Produktfotos. Schlichte und billig erscheinende Produktaufnahmen verringern in diesem Umfeld die Chance, Aufmerksamkeit zu erregen, einen Klick auszulösen und am Ende einen Kauf zu einem möglichst profitablen Preis abzuschließen.
Welche fotografischen Herausforderungen waren im Falle der Verpackungen zu meistern?
Insgesamt entstanden etwa 200 Fotoaufnahmen von Objekten, die sich hinsichtlich ihres Materials, ihrer Größe, Form und Farbgebung stark voneinander unterschieden.
Trotz dieser Vielfalt sollte ein hochwertiger, harmonischer Gesamteindruck entstehen.
Transparentes, farbloses Glas vor weißem Hintergrund:
Wie fotografiert man eigentlich eine durchsichtige Glasflasche, so dass sie sich vor einem weißen Hintergrund prägnant abzeichnet?
Damit sie brillant aussieht, muss sie hell strahlend dargestellt werden und dennoch soll sie sich ja trotz kaum vorhandener Kontraste vom genau so hellen Hintergrund abheben.
Zusätzlich besteht das Problem, dass eine solche Flasche ohne Anwendung fotografischer Tricks sehr unruhig wirkt.
Das Produkt stellt sich nicht mit harmonisch konturierten Rändern und einem brillanten, einheitlich hellen Innenbereich dar. Das Gegenteil ist der Fall: das Objekt wirkt sehr ungleichförmig und „schmutzig“.
Diese Unregelmäßigkeit ist ein optischer Effekt. Aber das weiß der Betrachter des Fotos ja nicht, für ihn sieht das Ganze nach einem kompletten Produktionsfehler aus.
Noch schwieriger wird die fotografische Umsetzung, wenn mehrere Glasobjekte in einer Gruppe dargestellt werden. Das Produkt auf der linken Seite im Bild sollte stilistisch ja möglichst genau so aussehen wie das Objekt auf der rechten Seite oder in der Mitte des Aufbaus. Kommen jedoch mehrere Lampen und Aufheller auf allen Seiten zum Einsatz, wirken sich diese Hilfsmittel ganz unterschiedlich aus – je nach Position der einzelnen Objekte…
Ein professioneller Produktfotograf kennt die erforderlichen Handgriffe, um all diese Hürden bereits während der Fotoaufnahme zu eliminieren.
Realistische Darstellung der Farben:
Immer wieder stellt die authentische Darstellung der Farben eine besondere Herausforderung in der Produktfotografie dar.
Um sie garantiert gewährleisten zu können, reicht es nicht aus, einfach nur die „richtige“ Farbtemperatur am Fotoapparat einzustellen.
Das abgebildete Objekt muss sowohl in den Lichtern als auch in den Schatten dieselbe Farbe und Sättigung haben wie das Original – unabhängig davon, ob es der Käufer später draußen im Sonnenschein, bei Mischlicht am Fenster oder bei Kunstlicht in einem Innenraum betrachtet.
Auf Grundlage einer optimalen fotografischen Vorlage kann der Produktfotograf abschließend mit den wirkungsvollen Mitteln von Photoshop eine farbechte Darstellung gewährleisten.
Reflexion ist nicht gleich Reflexion:
Zunächst stellt sich dem Produktfotografen die Frage, welche Oberfläche eingesetzt werden sollte, um die gewünschte Spiegelung zu erzeugen: eine weiße Acrylplatte, ein Spiegel oder andere Materialien?
Die Ergebnisse sehen bezüglich ihrer Intenstät als auch ihrer Schärfe sehr unterschiedlich aus.
Was ist zum Beispiel zu tun, wenn die gewünschte Reflexion eine weiße Acrylplatte als Untergrund erfordert aber ein Produkt zu fotografieren ist, bei dem für die Darstellung des Objekts eine dunkle Abschattung von unten benötigt wird?
Da wäre ein weißer, aufhellender Untergrund ja kontraproduktiv. Wie bekommt man diese widersprüchlichen fotografischen Anforderungen im Fotostudio gelöst?
Theoretisch könnten Spiegelungen auch digital auf Grundlage des fotografierten Produkts erzeugt werden.
Das geht aus optisch-physikalischen Gründen jedoch nur bei Objekten, die auf dem Produktfoto zweidimensional erscheinen, ohne dass irgendwelche Unterseiten des Produkts dargestellt werden.
Andernfalls wäre die Fotomontage unrealistisch und die Darstellung qualitativ minderwertig, was sich unvorteilhaft auf den geringen Qualitätsanspruch des Herstellers auswirken könnte.
Im Falle dieser Verpackungen hätte es ohnehin nicht ausgereicht, alle Objekte nach einem einheitlichen Verfahren über derselben reflektierenden Oberfläche zu platzieren.
Die Spiegelungen sollen ja einheitlich wie aus einem Guss erscheinen.
Das Problem besteht jedoch darin, dass die Intensität der Spiegelung stark von den Materialeigenschaften, der Farbgebung und der Größe des abgebildeten Objekts abhängt. Eine kleine blaue Kunststoffdose erzeugt noch eine recht starke Reflexion. Bei einer transparenten, großen Glasflasche sieht die Spiegelung schon ganz anders aus – da wird in Relation zur Dose nichts mehr zu sehen sein.
Auch in diesem Fall muss also wohl überlegt und sauber fotografiert werden, um am Ende ein hochwertiges und ansprechendes Produktfoto zu generieren.
Ausreichend Kontraste:
Die hier dargestellte Gewürzmühle und insbesondere der etwa 2cm kleine Deckel sind besonders schwer darzustellen.
Das wird schon klar, wenn man die Objekte in der Hand hält und sie betrachtet. Beide Produkte sind derart kontrastarm, dass man ganz genau hinsehen muss, um die Formen und Oberflächenstrukturen erkennen zu können.
Wenn der kleine Deckel nun auch noch mit einer Lampe angestrahlt wird, hilft zunächst keine Verschiebung der Lichtquellen weiter, auch kein Aufheller oder sonstige Hilfsmittel – es entsteht eine einheitlich hell dargestellte Form ohne jegliche Schattierungen, Strukturen usw. und es ist überhaupt nicht zu erkennen, dass es sich um einen Deckel handelt.
Mit Hilfe eines komplexen Arrangements aus Lampen, dunklen Abschattungen und Aufhellern entstehen am Ende diese Produktfotos, auf denen die Form des Mahlwerks im Innern dargestellt wird und sogar die innerhalb des semitransparenten Deckels befindlichen Strukturen.
Reproduzierbarkeit des Looks:
Wenn alle Produktfotos angefertigt und bearbeitet wurden, besteht noch eine letzte Herausforderung, auf die ein professioneller Produktfotograf vorbereitet ist: die Ergebnisse müssen jederzeit reproduzierbar sein.
Sobald der Auftraggeber weitere Produkte in das Fotostudio liefert, muss die ursprünglich angewandte Vorgehensweise bei Fotografie und Bildbearbeitung erneut abrufbar sein, um genau dasselbe Erscheinungsbild generieren zu können.
Sonst passiert das, was häufig auf Firmenwebseiten und in online-Shops zu sehen ist: es entsteht im Laufe der Zeit ein uneinheitliches Erscheinungsbild aus stilistisch unterschiedlichsten Aufnahmen. Das sieht nicht ansprechend aus und ermuntert den Betrachter nicht, die angebotenen Produkte zu erwerben.
An diesem Punkt komme dann wieder ich als Produktfotograf erfahrungsgemäß ins Spiel: die Seite gefällt nicht mehr und nun soll endlich die gesamte Produktpalette vorteilhaft und harmonisch in ein verkaufsförderndes Licht gerückt werden…